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Richard Gappmayer hat das Management-Buch „Der Kilimandscharo Effekt“ geschrieben um Menschen dazu zu bewegen ihren eigenen Kilimandscharo zu finden und erfolgreich zu bezwingen. Wie dies genau funktioniert und warum es für Manager wichtig ist, sich vor allem überflüssig zu machen, lesen Sie im folgenden Interview:

Herr Gappmayer, eben ist Ihr Management-Buch „Der Kilimandscharo Effekt – Steigen Sie auf und gehen Sie in Führung“ erschienen. Was ist der Kilimandscharo Effekt? Können Sie unseren Lesern darlegen, was dieser Begriff bedeutet?

Für mich persönlich ist der Kilimandscharo eine der größten Herausforderungen, denen ich mich je ausgesetzt habe. Ich leide an starker Agoraphobie, also Angst vor weiten Landschaften. Ich hatte also nicht nur den an sich schon sehr herausfordernden Aufstieg zu meistern, sondern wusste bei Antritt des Gipfelaufstiegs nicht, ob ich es schaffen würde, meine Angst ausreichend unter Kontrolle zu halten. Das war eine „Change Situation“ par excellence – mit total ungewissem Ausgang. Es ging jedoch alles gut, und eines Morgens stand ich auf dem Gipfel und durfte die aufgehende Sonne über Afrika begrüßen. Das war für mich persönlich der Moment, mein bisheriges Leben zu hinterfragen. Ich verließ danach meine hochrangige Managementposition und machte mich selbständig. Ich hatte also den Kilimandscharo-Effekt mit ins Tal genommen und einen positiven Wandel herbeigeführt.

Was können Menschen tun, um ihren eigenen Kilimandscharo zu finden und dann auch erfolgreich zu bezwingen?

In meinem Buch rufe ich Menschen dazu auf, ihren eigenen Kilimandscharo zu finden. Das heißt, ihren schon lange gehegten Traum, ihre Vision zu verfolgen und auch zu verwirklichen. Sie müssen dazu ja nicht gleich einen gigantisch hohen Berg besteigen. Es geht darum, sich auf die Suche nach der eigenen, tiefen Bestimmung zu machen und diese schlussendlich zu finden und zu leben. Beruflich wie privat.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Fehler in der Führung?

In erster Linie ist das die Verzettelung und Zersplitterung von Arbeitskraft. Dies ist einer der Hauptfaktoren, die es unter Kontrolle zu bekommen gilt. Die Lösung dafür ist erstens der Aufbau von fluiden Systemen. Zweitens geht es immer wieder darum, endgültig den so gravierenden Unterschied zwischen wichtigen und dringenden Aufgaben zu erkennen. Das mag banal klingen, aber in meinen Führungskräfte-Coachings stelle ich immer wieder fest, dass genau dies einer der größten Fehler im Management ist. Es geht um eine Konzentration auf Weniges, um damit herausragende Ergebnisse zu erzielen. Dazu kommt, viele Führungskräfte neigen zu einem eher narzisstischen Führungsverhalten und übersehen, dass es darum geht, einen wertvollen Beitrag zum Ganzen zu leisten.

Auch ein zu wenig an Vertrauen seitens der Führung in die Mitarbeiter führt langfristig zu einer Misstrauenskultur. Die Lösung liegt im Aufbau einer widerstandfähigen Führung durch ein passendes Wertesystem, aktives Zuhören und positiver Machtkompetenz. Führungskräfte verfügen heute über zu wenig wirksame Funktionen und Werkzeuge. Was oft vergessen wird: Führungskraft zu sein ist ein Beruf, der wie alle anderen Berufe des ständigen Trainings bedarf. Im Prinzip braucht es nur wenige Tools, um eine wirksame Führungskraft zu sein. Meist werden jedoch heute noch Dinge trainiert, die der Steinzeit entsprechen und zahnlos geworden sind. Ich setze mit meinen Methoden daher immer dort an, wo andere Trainings enden!

Sie stellen in Ihrem Buch die Frage, ob die Wunderwaffe Sozialkompetenz wirklich ein wichtiger Schlüsselfaktor in der Führung ist. Was ist der Hintergrund?

„Ohne ein hohes Maß an Sozialkompetenz wird keine Führungskraft erfolgreich sein“, so steht es in zahlreichen Ratgebern. Sozialkompetenz wird auch als wichtiges Einstellungskriterium für Führungskräfte in allen Stellenanzeigen genannt. Gräbt man jedoch tiefer und fragt in Unternehmen nach, ist festzustellen, dass es meist gar nicht um fehlende Sozialkompetenz, sondern um vernachlässigte Führungsaufgaben geht. Bei den Mitarbeitern kommt das allerdings oft als ein Fehlen von Empathie an … Der wahre Hintergrund dieser Wahrnehmung sind jedoch rein klassische Führungsfehler, wie unklare Ziele oder eine wenig transparente Unternehmensstrategie. Auch wenn Führungskräfte falsch delegieren, Ergebnisorientierung total fehlt oder die Führung sich nicht an den Stärken der Mitarbeiter ausrichtet, kann dieser Eindruck entstehen. Daraus ergeben sich in der Zusammenarbeit Widerstände, Probleme und vermehrt Konflikte, die als Allheilslösung vorschnell an mangelnder Sozialkompetenz festgemacht werden. Das hat aber auch eine gute Seite: Führungskräfte sind also keine sozial inkompetenten Roboter, sie haben lediglich in manchen Fällen ihre Führungsaufgaben vernachlässigt. Und das kann – und muss! – man trainieren.

Warum ist es für Manager wichtig, sich vor allem überflüssig zu machen?

Viele Führungskräfte klagen über extreme berufliche Belastungen bis weit über die Grenzen der maximalen Arbeitsleistung hinaus. Obwohl die Delegation von Arbeitsinhalten eine Kernkompetenz jeder Führungskraft sein sollte, sind gerade da eklatante Defizite zu erleben. Der Irrglaube „Diese Aufgabe kann niemand so gut erledigen wie ich“ und „Wenn ich es mache, geht es einfach schneller“ ist im Kopf von vielen Managern tief verkrustet. Auf den ersten Blick sind das gute, logische Gründe. Auf den zweiten Blick ist das einfach nur fatal, da es sich schlicht um mangelndes Vertrauen in seine Mitarbeiter handelt. Um dieses Dilemma zu lösen, trennen Sie als erstes Führungsaufgaben von Sachaufgaben und delegieren Sie letztere an ausgewählte Mitarbeiter. Sie behalten ja trotzdem die gesamte Verantwortung. Wenn sie unter-delegieren und zu häufig selber aushelfen, berauben Sie Ihre Mitarbeiter der Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln. Und sich selber nehmen Sie damit ebenso die Chance und zeitliche Verfügbarkeit für weiterführende, noch interessantere Aufgaben. Machen Sie sich also überflüssig wo Sie können, nur so kann Entwicklung für alle Beteiligten einsetzen!

Sie sagen, eine gute Führungskraft muss etwas von einem Hirten an sich haben. Was ist die Aufgabe eines solchen Hirten?

Um ein Team gut zu leiten, sind Führungskräfte aufgerufen, einen Führungsstil zu entwickeln, bei dem der Mensch im Vordergrund steht. Das ist zwar nicht neu, aber ein typischer Fall von: alle wissen es, keiner tut es. Heute wird in den Unternehmen ein Stil benötigt, der gemeinschaftlich orientiert ist. Die Zeit der Rampenlicht-Führungshelden ist vorbei. Mit einem Wort: Gebraucht wird „Hirte statt Superman“! Was bedeutet das nun in der unternehmerischen Praxis? Hirten teilen ihre Macht freudvoll, sie beherrschen die Kunst, relativ unsichtbar im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Gute Hirten lassen die geschicktesten Mitarbeiter vorgehen, haben sie aber diskret unter Beobachtung, um eingreifen zu können, sollte dies doch erforderlich sein. Denn diese Art der Führung bedeutet keineswegs, Verantwortung auf andere abzuwälzen. Ein guter Hirte und damit eine gute Führungskraft steuern durchaus nicht ausschließlich aus dem Hintergrund, sie sind auch einem Führen an der Spitze gewachsen. Das gilt speziell für Krisenzeiten. Dann muss der Hirte rasch und wendig nach vorne treten und den Weg von hier weisen. Der Hirte hinter der Herde, bzw. die Führungskraft hinter ihrem Team, sieht in der Führung prinzipiell jedoch stets eine Gemeinschaftsaufgabe. Abhängig von den individuellen Stärken und Fähigkeiten im Team werden so stets verschiedene Mitarbeiter zu unterschiedlichen Zeitpunkten in den Vordergrund treten können. Der Typ „Hirte“ als moderne Führungskraft von heute wird eindeutig gebraucht! Es steht zu hoffen, dass mehr und mehr Unternehmen sich dieser Sichtweise anschließen und den „Hirten“ den ihnen zustehenden Führungsplatz in ihren Rängen einräumen.

Über Richard Gappmayer

Richard Gappmayer ist Vortragsredner, Autor, Führungskräfte-Coach, Wirtschaftstrainer und Organisationsberater. Er war mehr als 20 Jahre im nationalen und internationalen Top-Management mit Schwerpunkt Verkauf, Vertrieb und Marketing tätig. Als hochrangige Führungskraft führte er zahlreiche Produkte zur Marktführerschaft. Trotz des Wissens um seine starke Agoraphobie bestieg er den Kilimandscharo und beschloss noch am Berg, sein Leben neu auszurichten. Er verließ seine hochrangige Managementposition und machte sich selbständig. Seitdem leitete er mehr als 1000 Trainings und Coachings und gründete das Zentrum für Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung. Er unterstützt heute hochrangige Führungskräfte und bringt diesen seine außergewöhnlichen Führungsansätze nahe. Er ist ein gefragter Keynote-Speaker und hält zahlreiche Vorträge zu seinem Kernthema. Sein aktuelles Buch „Der Kilimandscharo-Effekt – Steigen Sie auf und gehen Sie in Führung“ ist im Sommer 2015 bei Goldegg erschienen.

 

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