„Vielleicht sagt der Kunde ‚nein‘. Dann war all die Mühe umsonst.“ Diese lähmende Angst überkommt viele Verkäufer im Verlauf ihrer Verkaufsgespräche. Warum tun sich sogar erfahrene und gewiefte Verkäufer-Persönlichkeiten in der Abschlussphase manchmal so schwer? In dieser Serie von Führungskräftecoach Richard Gappmayer erfahren Sie, wie Sie diese Hürde des „imaginären Nein“ mit Bravour nehmen, dass beim echten Nein das wahre Verkaufen erst beginnt und wie Sie Ihre Abschlussquote wieder kraftvoll ansteigen lassen.
Die Angst vor einem endgültigen Nein hält manche Verkäufer im Würgegriff. Sie stellen sich oft schon vor dem Gespräch, auf der Fahrt zum Kunden vor, wie dieses Nein als Fallbeil auf sie niederprasselt. Ergehen sich in niederschmetternden Gedankengängen, dass dann die ganze Mühe umsonst war, die gesamt investierten Stunden in dieses Projekt für immer verloren sind. Gedanklich so konditioniert treffen sie dann zum Verkaufsgespräch ein. Und reden als Resultat oft endlos um den heißen Brei herum, statt gezielt den Abschluss anzustreben. Denn solange die finale Frage nach dem Abschluss nicht gestellt ist, kann ja auch kein Nein der „anderen“ Seite erfolgen. Psychologisch leicht nachvollziehbar, verkaufstechnisch völlig falsch! Aus zwei Gründen: Wenn es Nein ist, ist es Nein. Und dann ist es sogar von Vorteil, dies so rasch wie möglich zu wissen, den Schauplatz zu verlassen und sich neuen Projekten zu widmen. Und außerdem bedeutet ein Nein in einem Verkaufsprozess nur sehr selten das endgültige Aus.
Warum aber tun sich sogar gestandene Verkäufer-Persönlichkeiten mit der Abschlussphase oft so schwer? Woran liegt es, dass sie so ungern auf den Punkt kommen, obwohl gerade nun Klarheit, Eindeutigkeit und Verbindlichkeit nötig wären? Ganz einfach, auch die Verkäufer wissen: Nun ist das (Vor-)Spiel vorbei, jetzt wird es „ernst“. Wir kennen Beispiele dieser Art aus dem Sport. Auch dort gibt es die ewigen Trainingsweltmeister, die immer fantastische Bestleistungen bringen, solange es um nichts geht. Doch im Wettkampf vor Publikum, wenn die Kampfrichter an der Seite sitzen? Wenn jede Zehntelsekunde zählt? Dann können sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen. Die Ursache hierfür ist die lähmende Angst vorm Versagen.
Nein-Sagen gehört zum (Verkäufer)Leben
Beim Verkaufen ist es wie in der „Werbungphase“ um einen Partner: Oft regiert die Angst vor einem „Korb“ – geradeso als hinge vom „Ja“ oder „Nein“ des Gegenübers unser Leben ab. Das ist selbstverständlich nicht der Fall. Natürlich erhält niemand gern einen Korb. Trotzdem ist es für unser berufliches und privates Selbstwertgefühl von entscheidender Bedeutung, dass wir ein „Nein“ als möglich erachten und natürlich zulassen – ohne verletzt , verstört oder gar komplett entmutigt zu sein. Manchmal passen Unternehmen, Menschen oder Produkte einfach nicht zueinander. Freuen Sie sich, wenn Sie diese Tatsache schon sehr frühzeitig erkennen dürfen. Sind Sie dankbar über jede Person, die Ihnen das offen sagt, statt Ihnen Ihre Zeit zu stehlen oder Scheineinwände vorzuschieben.
Reagieren Sie auf ein Nein soweit wie möglich immer spielerisch und mit Leichtigkeit und Gelassenheit. Denn oft ist das Nein des Kunden ein wertvoller (Neu)Anfang der gesamten Verhandlung.
Beim „Nein“ beginnt das wahre „Verkaufen“
Das Nein gehört also unabdingbar dazu zu jedem Verkaufsprozess. Es muss jedem Verkäufer – auch den Besten unter ihnen – klar sei, dass sie nicht immer den Zuschlag bekommen können. Es trifft jeden einmal – das ist normal und häufig sogar kalkulierbar. Durch unser professionelles Vorgehen und umfangreiche Vorbereitung auf unsere Verhandlungen können wir das „Nein“ zwar zu einer seltenen Ausnahme machen, doch irgendwann passiert es. Spitzenverkäufer wissen das durchaus. Deswegen versuchen sie in Verkaufsgesprächen ab einem selbst definierten Zeitpunkt – nachdem sie den Kunden überzeugt und emotional an sich gebunden haben – den Abschluss kraftvoll aktiv herbeizuführen. Denn ihnen ist klar: Wenn sie selbst unentschlossen wirken, können sie auch von ihrem Gegenüber keine Entscheidungsfreude erwarten.
Die meisten Kunden wollen ja auch geführt werden. Sie erwarten dies geradezu. Denn für die meisten Menschen gilt: Sie sind tendenziell entscheidungsschwach. Sie benötigen einen kleinen Anstoß von außen, um endgültig „Ja“ zu sagen. Deshalb fühlen sich diese Menschen durch eine mangelnde Verbindlichkeit und Entschlossenheit des Verkäufers noch mehr verunsichert. Zuweilen veranlasst sie ein solches Verkäuferverhalten sogar dazu, eine bereits getroffene Kaufentscheidung zu überdenken. Wer seine Angst vor dem „Nein“ also zu offen sichtbar macht, wird genau dieses Verhalten seiner Kunden ernten und dann noch mehr „Neins“ sein eigen nennen dürfen.
„Nein“ bedeutet meist „So nicht“ oder „Jetzt nicht“
Viele Verkäufer reagieren tief geschockt, wenn Sie ein Nein hören. Sie erstarren und nehmen es einfach so hin. Sie sind rat- und mutlos, weil sie das „Nein“ zumeist als ein absolutes, endgültiges, unabänderliches bewerten. Zuweilen ist dies so – allerdings nicht immer! Meist bedeutet ein „Nein“ des Kunden tatsächlich etwas anderes. Es kann zum Beispiel „so nicht“, also „in der vorgeschlagenen Form nicht“, oder „jetzt nicht“ gemeint sein.
Überlegen Sie einmal: Wie oft steht Ihr eigenes „Nein“ auf wackeligen Füßen? Und: Wie schnell würden Sie bei einem etwas anderen, angenehmeren Verhalten Ihres Gegenübers oder der kleinsten Änderung der Inhalte oder Bedingungen „umschwenken“? Dasselbe gilt für andere Menschen. Auch ihr „Nein“ ist meist nicht unumstößlich und endgültig. Ist es nicht großartig – nicht nur als Verkäufer – dies zu wissen? Eröffnet Ihnen dies nicht die Chance, das „Nein“ eines Kunden ganz neu zu bewerten und anders damit umzugehen? Und merken Sie, wie viel leichter Sie ein „Nein“ annehmen können, wenn Sie ihm den genannten Bedeutungsspielraum zuordnen?
Im nächsten Beitrag erfahren Sie, wie Sie die wahren Hintergründe des Neins erkunden und warum Sie sich für ein Nein immer bedanken sollten.
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