Bis vor kurzer Zeit belächelten wir das Tragen von Schutzmasken asiatischer Touristen. Nun tragen wir sie selbst, dürfen niemandem die Hände schütteln und das Bussi-Bussi ist verboten. Das alles mussten wir von einem Tag zum anderen ohne Probezeit tun. Das, was bisher seltsam und fremd erschien, musste plötzlich zum Alltag werden. Wie schwer fiel uns das? Wie wird es uns verändern? Und in welchem Ausmaß werden wir diese neuen Verhaltensmuster beibehalten, sobald sich das, was jetzt die „neue Normalität“ genannt wird, fix etabliert hat?
Da unser Leben oft wie ein Hamster im Rad abläuft, fällt vielen Menschen die Umstellung schwer. Denn unser Gehirn ist viel zu sehr an unsere Routinen gewöhnt. Im Durchschnitt benötigt der Mensch in etwa 66 Tage, bevor eine Verhaltensänderung zur Routine wird. Außerdem brauchen Verhaltensänderungen immer einen starken Antrieb, Motivation und Ziele. Was also war der Antrieb, diese neuen Verhaltensweisen anzunehmen? Je mehr Übereinstimmung zwischen den bewussten Zielen und den unbewussten Bedürfnissen und Sehnsüchten besteht, desto größer ist die Motivation, das Ziel zu erreichen. Der Mensch kann zwar rational abwägen, jedoch nicht rational entscheiden. Entscheidungen sind immer emotional eingefärbt, denn sie müssen mit unserem Selbst- und Weltbild übereinstimmen. Wir alle mussten uns in den letzten Monaten von liebgewordenen Gewohnheiten, persönliche Treffen, Reisen, Restaurantbesuche verabschieden und neues, bis dato unbekanntes Gebaren – Masken tragen, zu Hause bleiben, Abstand halten – annehmen. Das ist nicht einfach. Aber unser aller Anliegen war es und ist es, Menschenleben zu retten, dafür nahmen wir diese Eingriffe in unsere Lebensweisen in Kauf. Und gewöhnen uns nun mit jedem Tag mehr daran. Denn das Tragen von Masken und der immer noch geltende Abstand vermitteln uns Sicherheit. Wir haben diese neue Normalität größtenteils akzeptiert. Wie sehr uns Corona aber insgesamt verändern wird, hängt wie immer nur von uns selbst an.
Tips Kirchdorf Woche 21/20, Seite 24