Wir leben aktuell in unübersichtlichen Zeiten, in denen ständig neue Krisen, Kriege und weitere Problemfelder auftauchen. Dieses Szenario schürt unsere Ängste wie niemals zuvor und bringt düstere Zukunftsbefürchtungen auf den Plan. Wie wir diese mit mehr Gelassenheit und Zuversicht meistern können, erläutert Lifecoach Richard Gappmayer.
Das Leben ist ein Fluss mit vielen Windungen. Manches Mal fließt er schneller, dann wieder ruhiger. Ab und zu ist der Fluss sogar aufgewühlt. Wir können diesen Fluss keinesfalls aufhalten. Wer es versucht und eine vermeintlich schützende Mauer um sich baut, wird bald feststellen, dass das kraftvolle Wasser sehr geschickt darin ist, sich andere Wege zu suchen. Wir können den Lebensfluss nun einmal nicht aufhalten, denn das Leben geht immer weiter! Und da wir im gegenwärtigen Moment niemals erkennen können, was später auf uns zukommt, entwickeln wir meist ein höchst negatives Kopfkino, aus dem in der Folge massive (Existenz)ängste entstehen. Deswegen sollten wir uns immer bewusst sein, was Angst eigentlich ist. Angst ist nämlich niemals real, sondern eine reine Hypothese, in den meisten Fällen trifft das, was uns so tief ängstigt, sowieso niemals ein!
Den Tatsachen mutig ins Auge blicken
Wie kann also der Weg aus diesen Ängsten heraus gelingen? Der erste Schritt in Richtung eines relativ angstfreien Lebens ist die Akzeptanz der aktuellen Lebensrealität. Klar, alleine kann man weder den Ukrainekrieg, noch die Pandemie oder die globale Teuerung aufhalten. Aber was wir tun können, ist, all dies als Tatsache anzunehmen. Es gilt, zu akzeptieren, dass die Welt morgen oder übermorgen nicht wieder genau wie früher sein wird und wie durch ein Wunder alles gut ist. Denn das wird nicht stattfinden. Blicken wir also den Tatsachen mutig ins Auge! Sobald wir akzeptieren, dass es eben gerade ist, wie es ist, reduziert sich auch die Angst.
Erst, wenn Teile unserer diversen Angstszenarien eventuell doch einmal eintreten, sind sie real. Erst dann kennt man das tatsächliche Ausmaß der echten Bedrohung, und erst dann kann man beginnen, Lösungen zu entwickeln. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, sich ausreichend Zeit zu nehmen und Notfallpläne zu schmieden. Wer sich in ein Problem genau jetzt vertieft und aktiv wird, wird sich sofort viel besser und „in Kontrolle“ fühlen. Etwas zu tun, was auf diesen neuen Plan einzahlt, erzeugt rasch große emotionale Erleichterung. Starre Untätigkeit und sich der eigenen Angst hinzugeben, ja, sich in ihr zu suhlen, ist jedoch wie ein schleichendes Gift im Körper, das immer mehr Organe erreicht, bis man nahezu handlungsunfähig geworden ist. Ein straffer und strategischer Plan hingegen, der aus dem momentanen Tief hinausführt, gibt einen Rahmen, Halt und vor allem Orientierung und damit Zuversicht!
Sich auf die eigenen Stärken besinnen
Wer es partout nicht schafft, aus seiner Lähmung herauszukommen und noch immer wie das Kaninchen vor der Schlange auf die vermeintlichen Ängste starrt, dem helfen meiner Erfahrung nach Entspannungsübungen, Meditation oder Bewegung in der Natur. Vor allem in der Natur ist es möglich, in ruhige gedankliche Fahrwasser zu kommen und sich wieder auf die eigenen Stärken zu besinnen. Voraussetzung dafür ist jedoch, hohe innere Klarheit und Wahrheit zu erreichen. Das ist deswegen so wichtig, weil wir gerade in schwierigen Zeiten dazu tendieren, uns entweder eine dunkelschwarze Negativbrille aufzusetzen, was unsere Ängste garantiert weiter ansteigen lässt und im schlimmsten Fall zu Panikattacken, Depressionen und Schlafstörungen führt. Oder, wir uns, im anderen Extrem, eine knallrosa Brille überstülpen, uns die Realität schönreden und bereits taumelnd einen Tanz am Rande des Vulkans darbieten. Beides ist falsch und führt zu keiner gangbaren Lösung aus der Problematik. Erst, wenn wir bereit sind, unsere aktuelle Situation in voller Klarheit zu betrachten, den Status quo also weder beschönigen noch künstlich aufblähen, und dieser Wahrheit dann auch tapfer ins Auge blicken, können wir wirklich klare und sinnvolle Gedanken fassen und uns einen realistischen Plan zurechtlegen. Dieser Plan darf selbstverständlich kein bloßes Lippenbekenntnis darstellen, wir müssen auch umgehend ins Tun kommen, um die geplanten Ziele, Schritt für Schritt, zu erreichen. Haben Sie keine Angst vor der Umsetzung, die meisten Menschen trauen sich selbst grundsätzlich viel zu wenig zu! Als jahrelanger Lifecoach kann ich nur bestätigen, dass die meisten viel mehr zu leisten imstande sind, als sie sich selbst je zugetraut hätten. In diesem Sinne: Haben Sie Vertrauen zu sich selbst!
Anmerkung des Autors: Es ist selbstverständlich nicht möglich, jede Ausgangslage über einen Kamm zu scheren. Es gibt zutiefst schwierige Situationen, aus denen sich nicht so einfach Alternativen finden lassen. Wenn Sie sich in einer solchen Lage befinden und keinerlei Hoffnung mehr haben, finden Sie hier einige hilfreiche Adressen, an die Sie sich wenden können, um Unterstützung zu erhalten.
Fachärzte für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, die Kriseninterventionsstelle (0732/2177) und auch die Telefonseelsorge (142) stehen in schwierigen Situationen für Gespräche bereit. Weiters helfen auch Caritas Sozialberatung (0676/87768101), Hilfswerk (07582/90322), pro mente (07582/510010) und Volkshilfe (07582/51150) sowie die Sozialberatungsstellen des Sozialhilfeverbandes (www.shvki.at).
Tips Kirchdorf, KW 35, Seite 32
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