Nach einem für viele Menschen tatsächlich närrischen Karneval ist – Überraschung – wieder einmal die Fastenzeit über uns hereingebrochen. Alle Jahre wieder sind die einschlägigen Magazine voll von Vorschlägen zu Detox-Kuren, dieser Diät und jener unfehlbaren Methode fitter, intelligenter und natürlich ultimativ glücklicher zu werden. Auf den sozialen Medien tauschen sich die Menschen euphorisch über ihre unfehlbare Methode des Fastens, Verzichtens auf Essen oder Alkohol oder beides aus. Es scheint kaum ein anderes Thema zu geben. Ich habe manches Mal das Gefühl, dass die Zeit des strengen Kasteiens in diesen Wochen vor Ostern eine willkommene Legitimation dafür ist, das restliche Jahr über in schlechter diättechnischer Selbstführung zu leben und so oft wie möglich über die Stränge zu schlagen. Weil, es kommt ja die Fastenzeit. Und diese wird alles, alles wieder richten. Wirklich?
In diesem Jahr habe ich als machtvolle Alternative beschlossen, das etwas andere Fasten auszurufen. Ein Fasten, das mit unserem Essenverhalten absolut nichts zu tun hat. Nein, ich meine auch nicht den teilweisen oder vollkommenen temporären Rückzug aus Social Media, der ja immer beliebter wird. Mir schwebt etwas ganz Anderes vor. Wie wäre es, wenn wir eine verbale Auszeit der ganz bestimmten Art und Weise nehmen? Keine Angst, ich lade nicht zum Eintritt in ein Schweigekloster ein! Was mir vorschwebt, ist eine strenge Auszeit von diesem ewigen Sudern und Jammern, das so viele Menschen als ihre tägliche Mission vor sich hertragen. Schluss mit den ständigen Beschwerden über das herausfordernde Leben, das unwirtliche Wetter, den furchtbaren Job, die doofen Kollegen, die lästigen Mitmenschen, die ungezogene Katze. Schluss mit diesen wenig motivierenden Befindlichkeiten, mit denen wir uns selber, aber auch unser Umfeld energetisch blockieren und hinunterziehen. Schluss mit negativen Gedanken und Formulierungen! Wie wäre es damit, ganz so wie beim in der Fastenzeit verbotenen Griff nach etwas Süßem sofort wie ertappt zurückzuzucken, wenn wir merken, dass wieder einmal eine Beschwerde unseren Lippen entschlüpfen will. Das Tal des Jammers hinter uns zu lassen und die schon auf der Spitze der Zunge liegende negative Bemerkung hinunterzuschlucken. Sondern uns statt dessen lächelnd umsehen und versuchen, aus genau diesem Moment etwas Positives mitzunehmen. Das ist möglich. Wenn wir es wirklich wollen. Und das nicht nur in der Fastenzeit. Probieren Sie es aus?
Foto: Stefanie Abel