Warum die Zeit der Supermänner der Führung vorbei ist
Was sind die Anforderungen an moderne Führungskräfte? Was müssen sie mitbringen, um den Herausforderungen der neuen Zeit gerecht zu werden? Welcher Führungs-Typus ist nun angesagt? Dabei zeigt sich eine Richtung sehr eindeutig: Was definitiv weniger gebraucht wird, sind allseits mächtige und über-präsente Führungsgötter. Warum? Es ist klar erwiesen, dass sich die aktuellen globalen Herausforderungen viel besser in einer echten Atmosphäre von Teamspirit lösen lassen, als durch einen schillernden Führungshelden, der röhrend im Alleingang unterwegs ist. Extrovertiertheit und beeindruckende Präsenz waren bis vor kurzem wichtige Kriterien bei der Besetzung von Führungspositionen. Es ist vielversprechend, festzustellen, dass das geschickte Steuern zwischenmenschlicher Prozesse heute mehr und mehr Grundvoraussetzung ist im Auswahlverfahren. Trotzdem tummeln sich in den Unternehmen noch genügend durchsetzungssüchtige Tonangeber und alles bestimmende Führungsleithammel. Sie sollten sich langsam, aber sicher bewusst werden, dass ihre Zeit vorüber ist und erfolgreiche Führung heute andere Richtungen einschlagen muss. Wir brauchen wahre Führungs-Gestalter mit Rundum-Blick. Mit einem Wort: Die Ära der Führungshirten ist angebrochen!
Vom Supermann zum Führungshirten mutieren
Damit ist nicht unbedingt gemeint, dass diese Führungskräfte der Superlative die Unternehmen verlassen sollten. Sie brauchen nur eines zu tun – sich zu wandeln. Vom Supermann zum Führungshirten zu mutieren, sozusagen. Das wird manchen nicht leicht fallen. Bedeutet es doch das schmerzhafte Abgeben der äußerlichen, attraktiven blinkenden Attribute der Macht. Dass sich diese Macht nur positiver und breiter wandeln würde, um das zu verstehen, brauchen diese Rampenlicht-Führungshelden „der alten Schule“ im Moment noch ein paar Impulse. Sie müssen auf dem Weg zum Hirten das Verständnis entwickeln, auch aus den Kulissen heraus zu wirken und nicht mehr von der beleuchteten Bühne aus zu agieren. Dazu gehört das Beherrschen der Kunst, aus der zweiten Reihe effektiv die Fäden zu ziehen und den Überblick zu behalten. Die neuen Führungshirten sind nicht übermächtig sichtbar – aber sie sehen alles!
So führt ein Hirte
Hirten entscheiden sich ganz bewusst für eine Führung aus dem Hintergrund, sind aber dem Führen von der Spitze aus ebenso gewachsen. Sie bewegen sich im Falle von Krisen rasend schnell von hinten nach vorne, um sich nach der erfolgreichen Auflösung der Situation dann wieder beobachtend an die hintere Linie zurückzuziehen.
Sie halten Mitarbeiter dazu an, selber Führungsaufgaben und Verantwortung zu übernehmen. Für sie ist erfolgreiche Führung immer Teamaufgabe, und sie kennen die Fähigkeiten ihrer Teams genau. Sie wissen immer, wann sie die Rolle des Beobachters verlassen und eine aktivere Funktion übernehmen müssen. Täuschen Sie sich nicht, dies ist keine einfache Aufgabe. Hirten sind extrem gefordert. Sie entscheiden, wer im Team welchen Platz einnimmt, vermitteln Werte, erkennen und fördern Talente und Fertigkeiten. Nur so stellen sie die Entwicklung und das „über-sich-Hinauswachsen“ der Teammitglieder in deren diversen Kompetenzfeldern sicher.
Kollektive Führung, überzeugende Erfolge
Das Führungsprinzip Hirte – wenn es richtig angewendet wird – sorgt für hohe Flexibilität in Unternehmen. Mitarbeiter, die von wahren Hirten-Talenten geführt werden, warten niemals auf Befehle „von oben“. Sie agieren eigenständig auf die Gegebenheiten. Diese Beweglichkeit kann jedoch nur entstehen, wenn die Führungskraft die kollektive Führung zulässt, wünscht und das Terrain entsprechend vorbereitet. Das bedeutet nicht, Verantwortung abzugeben oder ganz abzuschaffen. Der Hirte ist voll verantwortlich für die Ergebnisse seiner Abteilung. Moderne Unternehmen brauchen Hirten! Dazu ist allerdings ein führungstechnisches Umdenken auf vielen Ebenen erforderlich.
Richard Gappmayer ist Führungskräfte-Coach, Autor, Vortragsredner und Organisationsberater. Er war mehr als 20 Jahre im nationalen und internationalen Top-Management mit Schwerpunkt Verkauf, Vertrieb und Marketing tätig. Als hochrangige Führungskraft führte er zahlreiche Produkte zur Marktführerschaft. Trotz des Wissens um seine starke Agoraphobie bestieg er den Kilimandscharo und beschloss noch am Berg, sein Leben neu auszurichten. Er verließ seine hochrangige Managementposition und machte sich mit dem Zentrum für Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung selbständig. Heute unterstützt er Top-Führungskräfte und bringt diesen seine außergewöhnlichen und nachhaltigen Führungsansätze nahe. Er ist einer der renommiertesten Experten für Selbstführungsmanagement und hält zahlreiche Vorträge zu seinen Kernthemen. Sein aktuelles Buch „Der Kilimandscharo-Effekt – Steigen Sie auf und gehen Sie in Führung“ ist im Sommer 2015 bei Goldegg erschienen.
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