Wenn Führungsarbeit gelingen soll, muss die Grundlage immer in erfolgreicher Selbstführung liegen. Doch wie geht das – und mit welchen Hilfsmitteln kommen Führungskräfte diesen Voraussetzungen näher? Der (Selbst)Führungsexperte und Wirtschaftscoach Richard Gappmayer erläutert in diesem Beitrag, warum eine gelungene Selbstführung die Basis aller großen beruflichen und privaten Erfolge ist – und wie sie funktioniert.

Weshalb erfolgreiche Selbstführung die Basis gelungener Führungsarbeit ist

Leistung, Leistung, Leistung, dieses Mantra predigen die meisten Führungskräfte ihren Mitarbeitern und auch sich selbst. Dass diese Haltung langfristig jedoch zu Leistungsabfall und im schlimmsten Fall zu massiven Burn-out-Erscheinungen führt, liegt auf der Hand. Ich bin schon seit langem davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, beruflich erfolgreich, privat in Balance und vor allem gesund zu sein: Es geht darum, Leistung und Führung mit einem sinnvollen und erfüllten Leben zu verbinden. Um dies zu erreichen, müssen wir uns mit einer bewussten und achtsamen Selbstführung in allen wichtigen Bereichen auseinandersetzen und diese in eine haltbare Balance bringen.

Wenn Sie die folgenden Grundpfeiler einer wirksamen Selbstführung und die Tools und Anregungen in Ihr (Führungs)Tun integrieren, werden Sie sehr bald erhebliche Unterschiede Ihrer gesamten Lebens- und Arbeitsqualität verzeichnen.

N E I N–sagen lernen

Das Wörtchen „Nein“ steht ganz vorn im „Waffenarsenal“ für aktive Selbstführung. Falls Sie zu den Menschen gehören, die anderen keine Bitte um Unterstützung abschlagen können, sollte es sehr rasch wichtiger Bestandteil Ihres Vokabulars werden. Um Ihre persönliche Top-Performance zu halten, müssen Sie sich auf Ihre eigenen Agenden und Ziele konzentrieren. Anderen zuzuarbeiten ist dabei keine Option. Denn durch das Übernehmen von Arbeit, für die Sie eigentlich gar nicht zuständig sind, kommen Sie immer mehr unter Stress. Wer im Stress ist, macht mehr Fehler. Je öfter Sie also „Nein“ sagen, desto erfolgreicher werden Sie sein. Natürlich kommt es dabei darauf an, wer von Ihnen etwas fordert. Man muss dem Chef oder den Kollegen ja nicht gleich ein lautes „Nein“ ins Gesicht knallen.

Lernen Sie höflich aber bestimmt „Nein“ zu sagen! Wenn es Ihnen am Anfang noch zu schwer fällt, Bitten direkt abzulehnen, bestimmen Sie zumindest selbst, wann Sie diese erledigen: „Ich kann das machen, aber erst nächste Woche“ oder „Ich werde es erledigen, habe aber morgen einen Abgabetermin, den ich unbedingt einhalten muss. Rufen Sie mich bitte nochmals in zwei Tagen an!“ Wenn Sie so agieren, werden Sie bald feststellen, wie viel mehr Macht Sie über Ihr (Arbeits)Leben haben – und es gibt kein besseres Gefühl als dieses!

Selbstdisziplin

Sobald Sie verinnerlicht haben, sich von den Aufgaben anderer zu distanzieren, haben Sie theoretisch viel mehr Zeit für Ihre eigenen Projekte und Ziele. Theoretisch deswegen, weil ich aus meiner Führungspraxis weiß, dass mehr Zeit auch bedeutet, sich lustvoll zu verzetteln. Um dies zu vermeiden, gilt es, ein hohes Maß an Selbstdisziplin aufzubauen, also ein stetiges und eigenkontrolliertes Verhalten zu entwickeln. Das hilft Ihnen, einen permanenten fokussierten Ordnungszustand aufrecht zu erhalten, gegen den äußere Ablenkungen diverser Natur keine Chance haben. Sie bleiben dann stetig auf Ihr momentanes Ziel gepolt – egal, was Sie gerade tun – und lassen sich nicht davon abbringen.

Mit diesen drei praktischen Tipps werden Sie mehr Selbstdisziplin erreichen:

1. Machen Sie es sich so leicht wie möglich, diszipliniert zu sein

  • Sorgen Sie für die nötige Motivation. Dazu gehört, sich klar zu machen, warum Sie eine Aufgabe erfüllen sollen. Formulieren Sie den Sinn dieser Aufgabe für sich.
  • Versuchen Sie die Aufgabe zu einem günstigen Zeitpunkt zu erledigen. Es ist ratsam, Aufgaben, die Ihre vollen geistigen Fähigkeiten fordern, in eine Tageszeit zu legen, zu der Sie frisch und konzentriert sind und nicht gerade in Ihr Tagestief gleiten.
  • Machen Sie sich Gedanken über mögliche Hilfestellungen und Unterstützungsmöglichkeiten, die Sie nutzen können. Was könnte Ihnen zum Beispiel die Sache leichter machen? Wen könnten Sie um Hilfe bitten?
  • Werden Sie sich vor allem der Folgen bewusst, wenn Sie die Aufgabe nicht erfüllen. Womit werden Sie sich herumschlagen müssen, wenn Sie die Aufgabe noch weiter vor sich herschieben?

2. Gehen Sie mit Widerständen aktiv um

Hin und wieder wird es vorkommen, dass es Ihnen trotz aller versuchten Selbstdisziplin nicht möglich ist, bei der Sache zu bleiben. Dann sollten Sie sich genauer damit befassen, zu ergründen, was Sie daran hindert. In den meisten Fällen werden das innere Widerstände sein.

  • Welchen Grund kann es haben, dass Sie diese Aufgabe partout nicht machen wollen? Denken Sie hier auch an reale oder ausgedachte Gefahren, oder an innere Beweggründe wie Trotz oder Faulheit.
  • Haben Sie vielleicht bisher etwas übersehen, das es Ihnen faktisch unmöglich macht, die Sache zu erledigen? Durchleuchten Sie hier noch einmal die äußeren Umstände, aber auch alle inneren Faktoren wie Fähigkeiten, Wissen, et cetera.
  • Welcher Teil in Ihnen blockiert eigentlich? Und welcher will die Aufgabe angehen? Was könnte der Grund für den Konflikt dieser inneren Zerrissenheit sein, und wie lässt sich dieser Konflikt lösen?

3. Belohnen Sie sich

Die Aufforderung, sich selbst für erledigte Aufgaben zu belohnen, ist nicht neu, aber äußerst wirksam. Gerade, wenn wir fürchten, dass unsere Disziplin nachlassen könnte, kann eine verlockende Belohnung über so manche Motivationsdurststrecke hinweghelfen. Kaufen Sie sich nach der Erledigung einer besonders schwierigen Aufgabe etwas, das Sie schon immer haben wollten, sich aber bisher nicht geleistet haben, laden Sie sich selber zu einer neuen Aktivität ein oder belohnen Sie sich mit einem bestimmten Freizeitpensum.

Beachten Sie dabei aber unbedingt:

– Verhindern Sie, dass Sie sich selbst um die Belohnung bringen.

Manche Menschen stellen sich nämlich eine Belohnung in Aussicht, aber versagen sich die Sache dann am Ende doch – obwohl sie die Aufgabe erledigt haben. Das frustriert nachhaltig. Wenn Sie diese Gefahr bei sich sehen, dann beauftragen Sie jemanden, den Belohnungsvorgang für Sie zu übernehmen oder zu „überwachen“.

– Verhindern Sie, dass Sie sich selbst belohnen, obwohl Sie die Aufgabe nicht erfüllt haben.

Hier ist noch einmal Selbstdisziplin angesagt, so ehrlich mit sich selbst zu sein und sich die Belohnung bei Nicht-Erledigung auch zu versagen. Auch hier können Sie jemandem aus Ihrem Umfeld um „strenge“ Unterstützung bitten.

– Genießen Sie die Belohnung mit vollem Bewusstsein.

Achten Sie darauf, dass Sie die Belohnung zu einem kleinen Ritual machen und nicht nur so nebenbei absolvieren! Denken Sie genau darüber nach, wie zufrieden Sie mit sich sind. Feiern Sie sich. Fühlen Sie mit allen Sinnen, dass Sie sich diese Belohnung ehrlich verdient haben.

Im zweiten Teil dieses Beitrags zur Selbstführung bringe ich Ihnen weitere Anregungen nahe, um beruflich wie privat zu einer Top-Performance zu gelangen.

Ihr

Richard Gappmayer

Link zum Originalartikel auf www.agitano.com