Der größte Narr
Es gab einmal einen König, der sich nach der Sitte der Zeit einen Hofnarren hielt. Diese Narren hatten das Recht, den Königen und Fürsten die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie bitter war. War sie zu bitter, dann hieß es einfach: “Er ist halt ein Narr!” Eines Tages schenkte der König seinem Narren einen silbernen Narrenstab mit einem goldenen Glöckchen daran und sagte: “Du bist gewiss der größte Narr, den es gibt.
Solltest Du einmal einen treffen, der noch närrischer ist als Du, dann gib diesen Stab weiter.” Jahrelang trug der Narr den Stab bei sich, bis schließlich der Tag kam, als der König im Sterben lag. Da hüpfte der Narr in das Krankenzimmer und sagte: “König, ich habe gehört, Du willst eine große Reise antreten.” “Ich will nicht”, erwiderte der König, “ich muss!” “Oh, Du musst?! Gibt es also doch eine Macht, die noch über den Großen dieser Erde steht? Nun wohl! Aber Du wirst sicher bald zurückkommen?” “Nein”, stöhnte der König, “von dem Land, in das ich reise, kehrt man nicht zurück.”
“Nun, nun”, meinte der Narr begütigend, “gewiss hast Du die Reise seit langem vorbereitet. Ich denke, Du hast dafür gesorgt, dass Du in dem Land, von dem man nicht zurückkommt, königlich aufgenommen wirst.” Der König schüttelte mit dem Kopf. “Das habe ich versäumt. Ich hatte nie Zeit, diese Reise vorzubereiten.” “Oh dann hast Du sicher nicht gewusst, dass Du diese Reise einmal antreten musst?” “Gewusst habe ich es schon. Aber – wie gesagt – keine Zeit, mich um die rechte Vorbereitung zu kümmern.” Da legte der Narr leise seinen Stab auf das Bett des Königs und sagte: “Du hast mir befohlen, diesen Stab an denjenigen weiterzugeben, der noch närrischer ist als ich. Da, nimm den Stab! Du hast gewusst, dass es eine Ewigkeit gibt, von der man nicht zurückkehrt. Und doch hast Du nicht Sorge getragen, dass Dir die himmlischen Wohnungen geöffnet werden. König, Du bist der größte Narr!”
(Quelle unbekannt)